Am 18. November steht er wieder an: der bundesweite Vorlesetag. Vorlesen ist für die Sprachentwicklung von Kindern enorm wichtig, doch oft fehlt den Eltern die Zeit, dies zu tun. Die Hannah-Arendt-Gesamtschule will dieses Manko in der Schule ausgleichen.
„Wir wollen nicht nur an diesem Tag das Vorlesen praktizieren, sondern jeden Tag in der Schule“, so Dr. Maria Kirsch, Didaktische Leiterin an der Gesamtschule, die zusammen mit Abteilungsleiterin Irmgard Kortenjann-Möller diese Aktion ins Leben gerufen hat. Und weiter: „Das ist auch ein Beitrag zum individuellen Lernen, der Wortschatz wird vergrößert, die Fantasie weiter entwickelt“. Und deshalb beschränkt man sich nicht nur auf das Stärken des Zuhörens und gleichsam Lesens, sondern auch das Schreiben soll in einem parallel laufenden Projekt gefördert werden.
Beide Projekte werden in der Jahrgangsstufe 5 durchgeführt, also gleich in der untersten Klasse der weiterführenden Schule. Jede dritte Unterrichtsstunde eines jeden Schultages beginnt mit einer 10-minütigen Sequenz. Jeder Schüler besitzt ein eigenes Buch und liest „mit“. Den jeweiligen Text liest entweder der Lehrer vor, oder die Schüler lauschen einem Hörbuch. „Es war nicht immer ganz einfach, Hörbücher zu finden, die in voller Länge vorgelesen werden, doch die Rittersche Buchhandlung hat uns bei der Suche unterstützt und uns auch gleich eine Bücherkiste zur Verfügung gestellt“, freut sich Kirsch über die Mithilfe des Soester Buchladens. Die Kosten für weitere vier Bücherkisten übernahm der Förderverein der Schule, so dass den Eltern der Schüler keine Zusatzkosten entstehen. „Das Ziel ist es, dass nach einer bestimmten Zeit auch Schülerinnen und Schüler den Vorlesepart übernehmen“, skizziert die Didaktische Leiterin den Plan.
Den Schülern macht es riesigen Spaß. Überpünktlich sitzen sie zu Beginn der Stunde auf ihren Plätzen, nehmen ihr Buch, schlagen die entsprechende Seite auf, während der Lehrer die richtige Stelle auf dem Hörbuch abspielt bzw. im Buch aufschlägt und vorliest.
Und wenn einmal der laut Stundenplan vorgesehene Lehrer ausfällt, übernimmt der Vertretungslehrer die Aufgabe. Er wird dabei bestens von den Lernenden beraten, ein Verzicht auf diese zehn Minuten ist absolut tabu.
Die Schülerinnen und Schüler sind begeistert. Die zehnjährige Stefanie, die zusammen mit ihren Klassenkameraden der 5.3 zurzeit Erich Kästners Klassiker „Emil und die Detektive“ hört und liest: „Es ist gut, die Geschichte zu hören und mitlesen zu können.“ „Das ist so spannend“, freut sich Giulia, während Emma und Maya sich einig sind, dass nach dem „anstrengenden“ Pausenspiel, diese zehn Minuten besonders geeignet sind, wieder zur Ruhe zu kommen und sich konzentrieren zu können.
Zu Lesen und Zuhören gehört auch das Schreiben. Und das wird neben dem normalen Unterricht im Fach Deutsch in einer Stunde pro Woche noch einmal extra gestärkt. In einer der fünften Stunden werden die Neun- bis Elfjährigen zu Autoren, zu Schriftstellern. Für dieses Projekt hat die Schule für alle Schüler der Stufe 5 eine dicke Kladde angeschafft, in der sie in diesen 45 Minuten kleine, oder auch längere Geschichten schreiben. „Es gibt einige, die schon seit einiger Zeit ihre Geschichte immer weiter schreiben“, so Dr. Kirsch. Jene, deren Fantasie an einem Tag einmal nicht groß genug ist, um auf ein Thema zu kommen, der kann aus einer Dose einen Zettel mit einer Anregung ziehen. Und das läuft bestens. Wer diese Geschichten lesen darf, entscheiden die Kinder selbst. „Lehrer, aber auch Eltern dürfen die Texte nur dann anschauen, wenn die Kinder sie entweder dazu auffordern, oder sie diesen auf Nachfrage das Einverständnis geben. Zudem darf nur eine positive Kritik geübt werden“, so Kirsch, da ansonsten die kleinen Schriftsteller die Lust, aber auch das Selbstvertrauen verlieren könnten.
Malte aus der 5.3 freut sich jedes Mal auf diese Stunde: „Es ist schön einfach mal schreiben zu können“. Und Colin erweitert: „Mal ganz ohne Anweisungen etwas zu schreiben, macht richtig Spaß.“
Wer genug Selbstvertrauen hat und dessen Geschichte auch besondere Qualitäten besitzt, der darf am Tag der offenen Tür, am Samstag, 26. November, um 13 Uhr auf der Bühne in der Mensa seine Geschichte vorlesen. (WeK)